Was ist ein Reifentier?
Das Reifendrehen ist eine spezielle Technik des Drechselns, das sich ab 1800 im erzgebirgischen Seiffen und Umgebung entwickelte. An der Drechselbank formt der Reifendreher einen Reifen mit Tierprofil. Die Schwierigkeit besteht darin, bereits während der Bearbeitung in den Umrisslinien des Reifens das Tier und seine Form zu erkennen. Erst, wenn der Reifen mit Hammer und Messer an einer Stelle gespaltet wird, erkennt auch der Laie, um welches Tier es sich handelt. Nun werden vom "Viehmacher" Scheiben abgespaltet, die anschließend beschnitzt werden, d. h. die Konturen des Tieren werden verfeinert. Kleinere Teile, wie Hörner und Schwanz, werden extra bearbeitet und angeleimt. Zum Schluss wird die Figur bemalt.
Ab den 1960er-Jahren fühlten sich Schnitzer in der DDR der Tradiontspflege verpflichtet und ermunterten Kinder mit Hilfe von Bastelbeuteln zum eigenschöpferischen Gestalten von Reifentieren.
Handwerk oder Kunst
Der Reifendreher gehörte zu den Spielzeugmachern, nahm aber eine Sonderstellung ein. Während sich jeder mehr oder weniger Begabte als Spielzeugmacher selbständig machen konnte, gehörten zum Reifendrehen jahrelange Übung und viel Erfahrung.
Zudem sorgten die Reifendreher 1906 für die Gründung einer Zwangsinnung, was der Reifendreherei den Status "Handwerk" einbrachte. Das Statut der Inung legte vor der Selbständigkeit eine Prüfung fest. Diese Tatsachen hielt die Zahl der Konkurrenz unter den Reifendrehern niedrig, schützte vor rücksichtsloser Preisdrückerei und verschaffte ihnen eine soziale Besserstellung. In den 1950er-Jahren der DDR wurden zwei Reifendreher von der Staatlichen Kommission für Kunstangelegenheiten zu Volkskünstlern ernannt und in den Verband Bildender Künstler aufgenommen. Damit erfuhr die Reifentier-Herstellung eine künstlerische Aufwertung.
Quelle:
Hellmut Bilz: Das Reifendreherhandwerk im Spielwarengebiet Seiffen. Schriftenreihe Heft 3; Erzgebirgisches Spielzeugmuseum Kurort Seiffen. 1976.
Helmut Bilz: Das Reifendreherhandwerk im Spielwarengebiet Seiffen. Schriftenreihe Heft 4; Erzgebirgisches Spielzeugmuseum Kurort Seiffen. 1987.
link zum Spielzeugmuseum Seiffen