Kunstkamera des Zaren Peter I.
Zar Peter I. der Große (1672 – 1725) schuf 1703 nach europäischem Vorbild die neue russische Hauptstad St. Petersburg als Symbol eines neuen modernen Staates. Seine Bemühungen zielten ab auf die Veränderung überholter Zustände in Russland, wobei er vor allem auf die Erziehung als wichtigstes Mittel setzte. Ab 1700 kamen die Lehrer seiner Söhne aus Europa, deren Lehrmethoden dem pietistischen Erziehungsmodell von August Hermann Francke aus Halle entsprangen.
Der Zar hatte besonderes Interesse an der Zahnheilkunde, praktizierte darin und machte sie zu seinem Hobby. Diese Zähne hat Peter I. eigenhändig verschiedenen Personen gezogen und gesammelt.
Peters Sammelleidenschaft und Wissens-drang begründen für Russland den Übergang vom Mittelalter zur Renais-sance. Die Kunstkamera war seit ihren Anfängen als spezialisierte wissenschaft-liche Sammlung angelegt und bein-haltete artificalia, naturalia und scientiae. Er folgte damit dem Beispiel fürstlicher Kunst- und Wunderkammern in Europa. Anatomische Präparate, Naturalien, Münzen, Mineralien und Gemälde über fremde Völker wurden als Anschauungs-material geschätzt; die Kunstkamera bot die Möglichkeit, die Dinge der Welt zu ordnen und zu untersuchen.
Tür des begehbaren Gottorfer Globus, ein Geschenk an Peter I. nach den jahrelangen Kriegen mit Schweden, aus denen er als Sieger hervorging.
Im Jahre 1719 brachte Peter I. seine Sammlung in einem Steinhaus unter, das jedem Interessierten offen stand. Dieses erste Museum Russlands wurde bald zu klein für die stetig wachsende Ausstellung, so dass 1718 mit dem Bau eines neuen Museums begonnen wurde; die endgültige Fertigstellung 1734 erlebte der Zar nicht mehr.
Im Peter des Großen Museum für Anthropologie und Ethnographie in St. Petersburg an der Newa sind bis heute Exponate der Kunstkamera zu sehen. Schönes und Nützliches, Häßliches und Erschreckendes liegen nah beieinander. Das, was schockiert, bleibt im Gedächtnis – Peter der Große hatte es erkannt.
Quelle:
B. Buberl, M. Dückershoff (Hrsg.): Palast des Wissens. Die Kunst- und Wunderkammer Zar Peters des Großen. Hirmer Verlag, München, 2003.
link zur Kunstkamera (englisch)